Bornech (Ort / Bruneck / Ladinisch)

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Koordinaten: Ost (UTM): 724067.67, Nord (UTM): 5186755.67

Bornech
Standardladinische Form
[borˈnek]

[borˈnɛk]

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Ladinisch-mundartliche Form


Bornech
Bornech

Stadtgemeinde im westlichen Pustertal.

Inhaltsverzeichnis

[bearbeiten] Standarddeutsche Form

[bearbeiten] Weitere Namen

Bruneck (Ort / Bruneck)

Brunico (Ort / Bruneck / Italienisch)

Burnech (Ort / Bruneck / Ladinisch)

[bearbeiten] Anmerkungen

Gadertaler Variante.

[bearbeiten] Etymologie

Schwierig. Aus germanistischer Sicht ist die Herleitung des Namens Bruneck von Bruno und Eck (Egg) zwar lautlich möglich, nicht jedoch aus romanistischer Sicht. Die ladinischen Namen lauten nämlich Bornéch, Bornèch (Gadertal) und Burnéch (Gröden). Außerdem ist für Agordo und Cadore die Form Bornìch belegt, die bereits vor Tolomei die Grundlage für die italienischen, wenn auch kaum gebrauchten Formen Brunìco, Brunicco bildeten.

Im Jahr 1256 gründete Bischof Bruno von Brixen Burg und Mark Bruneke. Die lautliche Ähnlichkeit zwischen dem Ortsnamen mit dem Personennamen Bruno und Eck (Egg) bot freilich einen Anlass für die Volksetymologie. Diese ging sogar soweit, dass der Name Bruneck bis in die Neuzeit hinein mitunter auch mit Diphthong geschrieben (1295 Brauneck, 1344 Prawnekken neben Prunek, 1417 Prawnekg neben Brunek, 1500 Prawnnegken) und altmundartlich auch gesprochen (Praunéggn) wurde.

Aus romanistischer Sicht kann der Ortsname aber nicht den Personennamen Bruno enthalten, und zwar aus folgenden Gründen:

1. Das u von Bruno ist lang, und dieses lange u wäre im Gadertal – auch im Vorton – zu ü geworden und später zu i entrundet und gekürzt worden: vgl. gadertal. Lijún ‘Lüsen’ < *Lǖźōne < *Lūźōne < (mit Suffixwechsel) < *Lūźina < *Lūkina < rät. *Lūkina ‘Gebiet eines *Lūki, zu lat. Lūcius; gadertal. Fam.N Fistí < *Fǖśtīl < *Fǖśtīle zu lat. fūstis ‘Knüttel, Stock’. Im Grödnerischen wäre dagegen ǖ zu ū < u geworden: vgl. grödn. Lujón ‘Lüsen’, fusté ‘zerschlagen, abhacken’ zu fust ‘Stock, Stab’ < lat. fūstis.

2. Der Anlaut war im Deutschen stimmlos (B ist als P zu lesen). Ins Ladinische wäre der Name demnach ebenfalls mit stimmlosem Anlaut entlehnt worden: vgl. grödn. Pêrbian ‘Barbian’ < mhd. Parbian oder *Pärbian.

3. Der Auslaut -e wäre im Ladinischen durch -a substituiert worden: vgl. gadertal. Toréca ‘Deffereggen’ < spätmhd. *Teverégge. Vgl. auch gadertal. Sanćiana ‘Innichen’ < *San Ćiane < *San Candi < *San Candidu.

Ein deutscher Name *Prūnégge hätte bei lautgerechter Entwicklung im Gadertalischen *Prinéca und im Grödnerischen *Prunéca, demnach mit anlautendem P-, anderem Vortonvokal und auslautendem -a ergeben. Zudem wäre es bei vortonigem Langvokal zu keiner Umstellung zu -or- oder -ur- gekommen. Vgl. dagegen gadertal. Porsenú, grödn. Persenón < *Pressenōne (mit kuzem Vortonvokal) < (mit Suffixerweiterung) Préssena < rät. *Príksena ‘Gebiet eines *Prikse’.

Der lautliche Ansatz, auf dem sich sowohl die ladinischen als auch deutschen Formen abbilden lassen, muss demnach anders lauten: vorröm. *brunnèkku-, mit einer Basis *brunn- und einem Suffix -èkku-. Die Basis *brunn- ließe sich aus lautlichen Gründen dem „Ostalpenindogermanischen B“, einer vorrömisch-indogermanischen Sprachschicht, die schon in der Bronzezeit im Ostalpenraum präsent zu sein scheint und traditionell als „Illyrisch“ bezeichnet wird, zuordnen. Schwierig ist es allerdings, die Basis einer indogermanisch-grundsprachlichen Wurzel und ihr somit eine Bedeutung zuzuordnen. Zwei Wurzeln könnte man, insbesondere aus sachlichen Überlegungen heraus, in die engere Wahl nehmen:

1. Idg. *bhren- ‘hervorstehen; Kante und dgl.’ (IEW, S. 167). Idg. *bhrn-nó- oder *bhrn-dó- konnte oaidg.B *brunn- ergeben. Zur selben Wurzel werden u. a. gestellt: lat. frōns, -tis ‘hervorragender Körperteil’ > ‘Stirn’ (< *bhron-ti-); voreinzelsprachl. *bhren-to-s ‘Geweihträger, Hirsch’, beispielsweise im ON Brindisi < Brundisium ‘geweihähnlicher Ort oder dgl.’, FlussN. Brenta (vgl. IEW, S. 168), vielleicht auch der an der (geweihähnlichen) Mündung befindliche ON Brondolo und das alpine Reliktwort Brente ‘Holzgefäß, das auf dem Kopf getragen wird’. Die Bedeutung von oaidg.B *brunn- könnte somit ‘Hervorstehendes’ und, in Bezug auf die Lage, ‘Erhebung, Eck’ bedeuten.

2. Idg. *bher- > *bheren- > *bhren- ‘brennen’ (vgl. IEW, S. 144–145). Idg. *bhrn-nó- konnte oaidg.B *brunn- ergeben und ‘Gebranntes’ bedeuten. Die Basis wäre demnach identisch mit mhd. ge-brunnen (intransitiv) ‘gebrannt’. Hierher stellen ließen sich allenfalls auch der Name Branzoll < oaidg.B *brund- + lat. Suffix -eolu und das Wort für ‘Bronze’ < vorröm. *brundju- = oaidg.B *brúndi < idg. *bhrn-tí ‘Gebranntes’.

Oaidg.B *Brunnèkku konnte somit entweder ‘Erhebung, Eck’ oder ‘Gebranntes (durch Brandrodung?)’ bedeuten. Das Suffix *-èkku-, dessen Herkunft und Bedeutung unklar ist, finden wir in Tirol nur selten, und zwar als *-ècca in Brixlegg und vielleicht auch im Namen Defereggen.

Entwicklungskette: oaidg.B *Brunnèkku > rom. *Brunnèkku > *Brunèku (daraus lad. Bornéch, Bornèch und – mit Suffixwechsel – agordin., cadorin. Bornìch > ital. Brunìco). Auf deutscher Seite: bei Eindeutschung vor ca. 1100, mhd. *Prúneke oder, bei Eindeutschung nach ca. 1100, mhd. *Prunèke und – mitunter durch Einblendung von Bruno + Eck (Egg)*Praunegg(e)(n) > nhd. Bruneck (mda. Prunéggn mit Akzentverlagerung auf die zweite Silbe, falls der Name vor ca. 1100 eingedeutscht wurde und demnach ursprünglich *Prúneke lautete).

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