Jenesien (Ort / Jenesien)

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Koordinaten: Ost (UTM): 678753.61, Nord (UTM): 5156163.56

Jenesien
Standarddeutsche Form
[jeˈneːzjәn]
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Deutsch-mundartliche Form
[tseˈneisi], [tseˈneisigər]
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Ableitung der standarddeutschen Form
Jenesinger [jeˈneːziŋər]
Jenesien
Jenesien

Gemeinde mit gleichnamiger Fraktion am Tschögglberg.

Inhaltsverzeichnis

[bearbeiten] Standarddeutsche Form

[bearbeiten] Weitere Namen

[bearbeiten] Anmerkungen

Der amltiche "italienische" Name San Genesio ist eine tolomeische Übersetzung auf der Grundlage lateinischer Belege vom Typ parochia sancti Genesii (so 1181). Ursprünglich scheint der Name Jenesien aber nicht vom Heiligennamen herzurühren, sondern ein Einfluss dürfte in die umgekehrte Richtung stattgefunden haben.

[bearbeiten] Etymologie

Vielleicht vorröm. *Senésja ohne gesicherte Bedeutung. Die standarddeutsche Form Jenesien würde demnach Einblendung des Patroziniums Genesius zeigen.

Ausführlichere Besprechung des Namens

Herkunft vom Heiligennamen Genesius aufgrund des Anlautes (weniger des Auslautes) der mundartlichen Form eher fraglich, zumal Genesius mundartlich lautgesetzlich *Jenéisi statt Zenéisi erwarten ließe. Dieses Zenéisi weist auf älteres Senesing (so um 1600 von Marx Sittich von Wolkenstein geschrieben).

Dass der Anlaut in der Mundart einen letzten Rest von Sankt darstellt, ist unwahrscheinlich, weil klare Parallelfälle fehlen. Bestenfalls hätte eine Kontraktion von Sankt und Genesius *Sågenéisn ergeben (vgl. Sågehånsn für St. Johann in Ahrn). Auch als direkter Reflex von lat. G vor hellem Vokal ist Z nicht interpretierbar, weil G in dieser Position eher J (vgl. Jaufen) oder Tsch (vgl. Tschaufen) ergeben hätte. Zugrunde liegt in beiden Fällen lat. jugum 'Joch', daraus alpenrom. *jūvu (> Jaufen), jünger *džjūvu (> Tschaufen). Das anlautende Z in Zenéisi erklärt sich vielmehr aus älterem S, das insbesondere in Tiroler Dialekten fakultativ zu Z [ts] affriziert werden konnte (vgl. z. B. das Tiroler Wort Ziggl 'Eimer' < rom. *sicla).

Das g im Suffix und somit der Auslaut prinzipiell stellt bei einer Herleitung aus Genesius dagegen weniger ein Problem dar, da es durchaus aus *-j + Vokal erklärbar wäre, und zwar als Einschub nach Alveolar: vgl. bair-tirolische Hofnamen wie Blasi, Blasig, Blasing zum PN Blasius, ferner bair.-tirol. Jörg, Jörgen, 'Georg' < rom. *Jòrju, tirol. Lilge 'Lilie' < lat. lilia.

Das eigentliche Problem bleibt somit (nur) der Anlaut in der Mundart, der mit dem Anlaut der standardsprachlichen Form nicht übereinstimmt. Diese Diskrepanz verleitet zur Vermutung, dass die mundartliche Form die ursprünglichere sein könnte, und dass diese mit Genesius in keinem Zusammenhang stehen dürfte. Lediglich in der standarddeutschen, besser gesagt: schriftsprachlichen Form könnte Genesius als Heiligenname durch die Kirche eingeblendet worden sein. Überhaupt könnte bei der Wahl des Patroziniums der Klang des Ortsnamens eine Rolle gespielt haben. Auch in anderen Fällen scheint die Kirche im Zuge der Christianisierung auf diese Weise vorgegangen zu sein, zumal zwischen Ortsname und dem Patrozinium der Ortskirche eine auffällige lautliche Ähnlichkeit besteht: Pfalzen / Sankt Valentin; Rentsch / Sankt Laurentius. Ferner scheint auch der Name Bruneck nicht von Bruno herzurühren.

Der von der Einblendung unbeinflusste Name mundartlich Zenéisi entspricht genau der Schreibung Senesing von 1600. Diese könnte nun über älteres *Senesigen auf vordeutsch *Senésja weisen. Aus indogermanistischer Sicht gäbe es bei einer Wurzel *Sen- zwei Anknüpfungsmöglichkeiten: 1. idg. *seni-, *senu- 'für sich, abgesondert' (vgl. IEW, S. 907). 2. idg. *sen(o)- 'alt' (vgl. IEW, S. 907-908). Eine Festlegung auf eine dieser beiden Wurzeln scheint im Moment nicht möglich. Mit Zenéisi vergleichbare Namen wären Sennes und Senale, der italienische Name für Unsere liebe Frau im Walde. Letzterer dürfte jedoch aufgrund des Suffixes rätisch sein.

Die Entwicklungskette des Namens Zenéisi wäre, unabhängig von seiner einzelprachlichen Herkunft und ursprünglichen Bedeutung, auf jeden Fall folgende: voröm. *Senésja > rom. *Senésja > mhd. (nach 1100 aufgrund des bewahrten vordeutschen Akzents) *Senesijen > *Senésigen > frühnhd. *Senésign > Senesing > mda. Zenéisi.

Die Bildungsweise von *Senésja wäre aufgrund des -ja-Suffixes dieselbe wie von *Áwja für Afing und *Glánja für Glaning. Die Ähnlichkeit könnte daher rühren, dass alle Namen aus derselben Sprachschicht stammen oder aber auch nur auf Zufall beruhen, zumal die Etymologie von Afing romanistisch gut erklärbar ist.

Speziell der Name *Senésja scheint zudem zwei Suffixe zu beinhalten: ein -s-haltiges und ein -j-haltiges. Demnach *Sen- > *Senes- > *Senésja. Bedeutung: 'abgesondertes Gebiet'? Oder spielt letztlich doch die Bedeutung 'alt' eine Rolle, so wie im Waldnamen Der Alten?

Oder liegt am Ende der selten auftretende Personen- oder Heiligenname Senesius zugrunde?

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