Ulten (Gemeinde / Ulten)

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Ulten
Standarddeutsche Form
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Ulten
Ulten

Gemeinde südwestlich von Lana.

Inhaltsverzeichnis

[bearbeiten] Standarddeutsche Form

[bearbeiten] Weitere Namen

Oltemo (Gemeinde / Ulten / Italienisch)

[bearbeiten] Anmerkungen

Der amtliche "italienische" Name Ultimo ist eine tolomeische Rekonstruktion auf der Grundlage latinisierter Belege aus dem späten Hochmittelalter.

[bearbeiten] Etymologie

Rät. *Úlθe-na 'Gebiet einer Person namens *Ulθe (θ = stimmloser interdentaler Reibelaut wie th in engl. thing).

Ausführlichere Besprechung des Namens

Die Herkunft des Namens Ulten könnte in der Wissenschaft umstrittener sein, als sie es bislang ist. Nicht Wenige, insbesondere Romanisten und Absolventen der italienischen sprachwissenschaftlichen Schule, geben sich nach wie vor zufrieden, indem sie diesem Namen lateinisch ultimus bzw. ultima vallis ‘das letzte, das hinterste, das äußerste Tal’ zugrundelegen. Jene, die dagegen meinen, dass der Name Ulten mit lateinisch ultimus nichts zu tun hat, sind immer noch in der Minderheit.

Die bloße Ähnlichkeit der synchronen und diachronen Formen mit dem lateinischen Adjektiv hat Ettore Tolomei dazu verleitet, für das Italienische die Form Ultimo zu postulieren. Bereits der berühmte Tiroler Geschichtsschreiber Otto Stolz schrieb aber im Jahr 1932: „Die amtliche italienische Benennung „Ultimo“ ist sprachgeschichtlich belanglos.“ Der echte italienische Name für das Tal, der Oltemo lautete, war Tolomei offenbar unbekannt.

Der Name Ulten: nicht lateinisch, sondern vorrömisch

Es dürfte durchaus feststehen, dass der Name Ulten gar nicht aus dem Lateinischen stammt, sondern aus einer älteren Sprache, und dass er somit vorrömischer Herkunft ist. Vorrömische Sprachen wurden im Alpenraum, insbesondere im Tiroler Raum, mehrere gesprochen. Die bekanntesten sind das Keltische und das Rätische, daneben gab es auch Sprachen, die illyrischer und venetischer Prägung waren. Mit der Romanisierung des Alpenraums, die mit Drusus und Tiberius, den Stiefsöhnen des Kaisers Augustus, offiziell im Jahr 15 vor Christus begann, gingen all diese vorrömischen Sprachen nach und nach in der Sprache der Römer, dem Lateinischen auf. Anders jedoch bei den vorrömischen geografischen Namen: Diese wurden meist von den Römern übernommen und an das Lateinische angepasst. Dies gilt auch für den Namen Ulten.

Der Name Ulten: ein ursprünglich rätischer Name

Speziell beim Namen Ulten ließe sich am ehesten an rätische Herkunft denken. Die Räter waren jener alpine Volkstamm, der mit den Etruskern, deren Kerngebiet in etwa die heutige Toskana ist, in einem engeren verwandtschaftlichen Verhältnis standen und uns gut 100 sogenannte rätische Inschriften hinterlassen haben. Bei diesen Inschriften, die genauso wie die etruskischen Inschriften, in einem Runenalphabet geschrieben wurden, handelt es sich um die ältesten Inschriften im Tiroler Raum überhaupt. Sie wurden auf oft kunstvoll gefertigten Gegenständen aus Stein, Knochen, Ton, Keramik, Bronze und Eisen eingeritzt, und die meisten von ihnen stammen aus Sanzeno am Nonsberg. Zu Recht werden die Räter als die Träger der sogenannten Fritzens-Sanzeno-Kultur bezeichnet, die in der ersten Hälfte des letzten vorchristlichen Jahrtausends ihre Blütezeit erlebte.

Angesichts der dürftigen Überliefung wissen wir von der rätischen Sprache äußerst wenig, aber immerhin soviel, dass sich das Rätische relativ häufig einer Ableitung -na bediente. Aus den Inschriften ist ersichtlich, dass dieses -na vorzugsweise an Personennamen angehängt wurde und die Funktion besaß, Zugehörigkeit auszudrücken; also in Verbindung mit Personennamen ‘Tochter oder Sohn einer Person namens X’ bedeutete. Auf einem bronzenen Schöpflöffel von Sanzeno finden wir beispielsweise die Inschrift Remi-na ‘Sohn eines Remi’.

Dasselbe rätische Zugehörigkeitssuffix könnten wir auch in zahlreichen Ortsnamen des Tiroler Raumes wiederfinden, und in diesen Fällen würde -na aber nicht ‘Sohn oder Tochter eines X’, sondern vielmehr ‘Gebiet eines X’ bedeuten. In Bezug auf den Namen Ulten ließe sich somit von folgender Form ausgehen: rätisch *Úlθe-na ‘Gebiet einer Person namens *Ulθe’ (das Zeichen * bedeutet rekonstruierte Form). Der Name *Ulthe ist uns im Rätischen leider nicht überliefert (es sei erneut an die dürftige schriftliche Überlieferung erinnert), aber wir finden einen verwandten Namen in der etruskischen Schwestersprache, die uns im Gegensatz zum Rätischen an die 10.000 Inschriften hinterlassen hat. Von den Etruskern ist uns der Name Larth Ulthes für einen berühmten etruskischen Krieger überliefert. Larth war Vorname und Ulthes war Beiname. Der Beiname Ulthes, der wahrscheinlich eine Ableitung von einem ursprünglichen Personennamen ist, lässt sich vom rätischen Vornamen *Ulthe sprachlich unschwer trennen.

Vom Rätischen zum Romanischen bzw. Italienischen, vom Romanischen zum Deutschen

Aus rätisch *Úlθe-na ‘Gebiet eines *Ulθe’ machten die Römer *Últena. Und dieses *Últena erfuhr noch im Romanischen alpiner Prägung, das ist die Nachfolgesprache des Lateinischen, einen Genuswechsel, wurde also zu *Últenu. Im Zuge des hochmittelalterlichen Siedlungsausbaus und der Ausdehnung der deutschen Sprache in Richtung Süden, wurde das Gebiet des Tales Ulten seit ca. 1100 nach und nach eingedeutscht. Aus romanisch *Últenu entstand im Deutschen die Form Ulten. In den romanischen gebliebenen Nachbartälern von Ulten, also am Nons- und Sulzberg und im übrigen Trientner Gebiet, konnte sich die romanische Form, bedingt durch die Nähe zur deutschen Sprachgrenze, halten: Aus romanisch *Últenu entstand spätestens im Hochmittelalter *Ólten > *Óltem. Dieses *Óltem wurde im Italienischen als Oltemo verschriftlicht. Genau in dieser Form ist uns der Name im Jahr 1648 in einem italienischen, aus Trient stammenden Dokument überliefert: In einer Beschreibung der angrenzenden Gebiete des Nonsbergs ist wörtlich von „la Valle d’Oltemo“ und „alli confini d’Oltemo“ die Rede. In den italienischen bzw. halbladinischen Dialekten des Nons- und Sulzbergs lebt der romanische Name für Ulten bis zum heutigen Tag fort. Dieser lautet Óutem, und er steht somit für älteres *Óltem bzw. die standarditalienische Form Oltemo.

Strukturell ließe sich der Name Ulten z. B. mit folgenden Namen vergleichen:

1. Tisens. Dieser Name stammt aus rätisch *Tisi-na ‘Gebiet eines Tisi’. Die Nonsberger Form lautet Tésem, und dieser entspricht die standarditalienische Form Tésimo. Dieses Tésimo ist im Gegensatz zu Óltemo vor Tolomei zwar nie schriftlich belegt, aber sprachwissenschaftlich ist es genauso begründet wie Óltemo.

2. Brésimo. Dieser Name ließe sich auf rätisch *Briki-na ‘Gebiet eines *Briki’ abbilden. Die Nons- und Sulzberger Form lautet Brésem, und diese wurde im modernen Italienischen zu Brésimo verschriftlicht. Am westlichen Deutschnonsberg und in Ulten hat sich, bedingt durch die Nähe zum romanischen Sprachgebiet, eine eigene deutsche Form herausgebildet. Diese lautet Brisen (Deutschnonsberg) bzw. Prisen (Ulten).

Die schriftlichen Überlieferungen des Namens Ulten

Die erste zuverlässige Quelle des Namens Ulten stammt aus dem Jahr 1143. Papst Innozenz II. bestätigt in dieser lateinischen Urkunde dem Benediktinerkloster Weingarten in Oberschwaben unter anderem Güter im Vinschgau und um Meran. Konkret werden ein „predium ad Ultun“, also ein Besitz in Ulten, und die „ecclesia sancti Pancracii in Ultun“, also die Kirche Sankt Pankraz in Ulten, erwähnt (TUB I, 213).

Zwar gibt es auch Urkunden, die früher als die eben genannte datiert sind, aber hierbei handelt es sich um Fälschungen. Sie stammen aus dem 13. und 14. Jahrhundert und sind um etwa zwei Jahrhunderte zurückdatiert. Diese Fälschungen im Einzelnen sind Folgende:

. In einer mit dem Jahr 1082 datierten Urkunde ist von einer „ecclesia in Vltun“ (Kirche in Ulten) und von „possessiones in Ultun“ (Besitzungen in Ulten) die Rede (TUB I, 101).

· In einer mit dem Jahr 1098 datierten Urkunde wird die „ecclesia sancti Pancracii in Ultun“ (Kirche Sankt Pankraz in Ulten) erwähnt (TUB I, 119).

· Schließlich erscheint in einer mit dem Jahr 1153 datierten Urkunde und in zwei Abschriften dieselbe Kirche als „ecclesie sancti Pangracii in Vltun“, „ecclesie sancti Pancratii in Vltim“ und als „ecclesie sancti Pangratii in Vltim“ (TUB I, 245).

In den vier genannten Urkunden, von denen drei wie gesagt eine Fälschung sind, taucht vorwiegend die Form „Ultun“ auf. Die Endung -un stellt den Versuch einer Archaisierung des Namens dar. Allerdings ist die Archaisierung sprachlich falsch. Warum althochdeutsch „Ultun“?

Die Schreiber waren offenbar der Meinung, der Name Ulten sei ursprünglich eine Pluralform von einem althochdeutschen Singular *Ult (das Althochdeutsche wurde bis ca. 1050 gesprochen; nach dieser Zeit wurde es vom Mittelhochdeutschen abgelöst). Bei den althochdeutschen Substantiven endete der Dativ Plural, der auch bei Ortsangaben verwendet wurde, nämlich meist auf -um oder auf -un: vgl. althochdeutsch tag ‘Tag’ – tagum, tagun ‘Tagen’. Analog zu diesen Bildungen versuchten die Schreiber, eine althochdeutsche Form Ultun zu rekonstruieren. In Wirklichkeit lautete die Form aber bereits im hochmittelalterlichen Deutschen Ulten, und dieses Ulten stellt gewiss keine Pluralform zu einem ursprünglichen Singular *Ult dar, zumal es – wie bereits mehrfach erwähnt wurde – gar nicht deutsch, sondern vordeutsch, im engeren Sinn rätisch ist. Neben „Ultun“ finden wir in den beiden Abschriften der letztgenannten Urkunde die Form „Ultim“. Hier macht sich erstmals der Versuch eines Schreibers bemerkbar, in den Namen das lateinische Wort ultimus einzublenden.

Die Tendenz zur Einblendung von lateinisch ultimus in lateinischen Texten beginnt also in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts. Im Jahr 1175 wird beispielsweise das Tal selbst als „in valle qui dicitur Vltima“ erwähnt (TUB I/3, 341a). Im Jahr 1189 ist in Bezug auf das Schloss Ulten (heute Schloss Eschenlohe) wörtlich von „in castro Vlteme“ die Rede (TUB I, 449). Besonders häufig erscheint die Einblendung von lateinisch ultimus zwischen 1200 und 1300, zumal in diesem Jahrhundert ein rapider Anstieg von schriftlichen Aufzeichnungen generell, und somit auch der Belege des Namens Ulten festzustellen ist. Am häufigsten erwähnt ist der Name Ulten in Bezug auf die Grafen des damaligen Schlosses Ulten, insbesondere den Grafen Ulrich (1188 ? – 1248); und dies nahezu über die gesamte 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts. Die häufigste Formulierung, die wir mitunter auch in anderen Zusammenhängen finden, lautet „de Ultimis“. Etwas seltener treffen wir dagegen auf „de Ultimo“ und „de Ultemo“, und noch seltener sind Formulierungen wie „de Ultemis“, „de Ulteme“, „de Ultim“, „de Ultima“ und „de Ultem“. In zwei Fällen ist in Bezug auf den Graf Ulrich von Ulten gar von „comes Ulricus de Ulto“ die Rede. Die latinisierte Form, die sich an lateinisch ultimus anlehnt, finden wir wie gesagt vorwiegend in lateinischen Texten. Andererseits tritt in lateinischen Texten vereinzelt auch schon die uns bekannte deutsche Form „Ulten“ auf. Interessant ist, dass umgekehrt in einem deutschen Text aus dem Jahr 1222 (wahrscheinlich dem ersten) „Vlrich graffe de Vltimis (von Ende)“ (TUB I/2, 811) zu lesen ist. Der Name Ulten wird hier also im deutschen Text ebenfalls latinisierend geschrieben, und gleichzeitig erkennen wir den Versuch des Schreibers, das lateinische „de Vltimis“ ins Deutsche mit „von Ende“ zu übersetzen.

Warum lateinisch ultimus?

Warum in hochmittelalterlichen lateinischen Urkunden in den Namen Ulten sehr oft lateinisch ultimus eingeblendet wurde, liegt auf der Hand: die romanische Form *Últenu > *Óltem klingt wie ein Reflex von lateinisch ultimus. Interessant ist ferner, dass gerade die Pluralform „Ultimis“ häufig auftrifft. Dabei handelt es sich um den lateinischen Ablativ, der mit Präpositionen, die den Standort (z. B. in, ad) oder die Herkunft (z. B. de) angeben, gebraucht wird. Dieser Ablativ versteht sich offenbar als Plural entweder des maskulinen oder neutralen Ablativs Singular Ultimo oder des femininen Ablativs Singular Ultima. Es sei noch einmal daran erinnert, dass auch die ersten deutschen Formen vom Typ „Ultun“ eine pluralisierte Form darstellen sollten. Dies beweist auch die in zwei Fällen singularisch gebrauchte Form „Ulto“ mit lateinischer Ablativendung. Sowohl „Ultun“, „Ulto“ als auch „Ultimis“, „Ultimo“ und „Ultima“ stehen aber ausschließlich für die sprachliche Fantasie der Schreiber und nicht für die bodenständigen Formen. Die Belege vom Typ „Ultemo“, „Ultemis“ und „Ulteme“ kommen dagegen den bodenständigen Formen schon etwas näher, zumal hier keine Einblendung von lateinisch ultimus vorzuliegen scheint. „Ultemo“ ist vielmehr die latinisierte Form des im 13. Jahrhundert im romanischen Tirol (Trientner Raum) gesprochenen *Ultem oder *Óltem.

„Ulten“ setzt sich durch, „ultimus“ verschwindet, „Oltemo“ taucht auf

Mit der immer rasanter werdenden Ausbreitung des Deutschen als Urkundensprache in Deutschtirol seit dem Spätmittelalter verschwinden die latinisierten Formen vom Typ „Ultimis“, „Ultimo“ und „Ultima“ immer mehr. Der Name taucht nunmehr nahezu unverändert durchwegs als „Ulten“ auf. Anders ist die Situation in Welschtirol: Zum Einen ist seit dem Aussterben der Grafen von Ulten im Jahr 1248 der urkundliche und wohl auch sprechsprachliche Verkehrswert des Namens Ulten im Trientner Raum beachtlich gesunken. Zum anderen begegnet uns in den nunmehr rarer gewordenen Fällen, in denen von Ulten die Rede ist, der Name aber weiterhin in lateinischen Texten und in dementsprechend latinisierten Formen, die sich nach wie vor an lateinisch ultimus anlehnen. In Welschtirol konnte sich nämlich das Lateinische, bedingt durch die sprachliche Nähe zum Welschen, d. h. Ladinischen bzw. Italienischen, als Urkundensprache länger halten als in Deutschtirol. Erst in der frühen Neuzeit wurde das Lateinische durch das Italienische als Urkundensprache allmählich abgelöst. Der erste italienische Text, in dem der Name Ulten erwähnt ist, ist schließlich jener aus dem Jahr 1648. Erwartungsgemäß wird hier der Name nicht mehr latinisierend, sondern italienisch, nämlich Oltemo geschrieben.

Ein Kapitel für sich ist dagegen die Kirchensprache: Bis zur Teilung Tirols wurde in den Schematismen, d. h. Pfarreienverzeichnissen der Diözese Trient das sogenannte Kirchenlatein gebraucht, und der Name Ulten wurde vorzugsweise „Ultina“ (also ohne Anlehnung an ultimus) geschrieben. Dabei handelt es sich um einen ähnlichen Latinisierungstyp wie bei kirchenlateinisch „Tisina“ für Tisens. Es muss wohl nicht gesagt werden, dass weder die Form „Ultina“ noch „Tisina“ im Volk je gebraucht wurden. Dasselbe gilt freilich für die Form „Ultimo“. Dieses „Ultimo“ ist zudem über die gesamte Neuzeit hindurch bis hin zum Beginn des Treibens von Ettore Tolomei in keinem einzigen italienischen Text überliefert. All dies beweist eindeutig, dass es sich bei Ultimo um eine reine kanzleisprachliche Schreibtischkonstruktion aus dem Hochmittelalter handelt, die weder im geschriebenen, geschweige denn im gesprochenen Italienischen bzw. in den halbladinischen Mundarten Welschtirols je Fuß gefasst hatte.

„Ulten“ auch in italienischen Texten – warum?

In den wenigen Fällen, in denen in der Folgezeit, sei es auf italienischen Kartenwerken, sei es in italienischen Texten, von Ulten die Rede ist, wird der Name nur mehr in seiner deutschen Form wiedergegeben. Lediglich wenn die Vorstellung von Tal verdeutlicht werden soll, finden wir die Übersetzung „Valle Ulten“ und „Val d’Ulten“. Die Tatsache, dass in italienischen Texten immer nur mehr der deutsche Name gebraucht wird, hat folgenden Hintergrund: Durch die vielen deutschen Texte konnte man den Namen praktisch nur in seiner deutschen Form vorfinden; in deutscher Form deshalb, weil Ulten die einzig endonymische (d. h. ortsübliche) Form war, und weil die exonymische (d. h. ortsfremde) Form wohl nur mehr den romanischen Nachbarn am Nons- und Sulzberg geläufig war. Exonyme und Endonyme finden wir zu Hauf gerade im romanisch-germanischen Kontaktgebiet und somit auch zwischen dem Ultental bzw. Deutschnonsberg einerseits und dem welschen Nons- und Sulzberg andererseits. Einige Beispiele: Cles und Malé, die Hauptorte des Nons- bzw. Sulzbergs, werden von den Deutschnonsbergern (alt-)mundartlich Glëis und Malait genannt. Ferner heißen die Nonsberger Orte Rumo, Revò, Cloz und Brez in der Mundart der Deutschnonsberger und aber auch der Ultner (alt-)mundartlich Raun, Rawau, Claz und Britsch. Die Namen Glëis, Malait, Raun, Rawau, Claz und Britsch, die uns in deutschen Texten der frühen Neuzeit als Gles/Glös, Maleit, Raun/Reun, Rawau, Clauz und Britsch überliefert sind, sind deutsche Exonyme für Welschnonsberger Orte. Obwohl diese Namen im Deutschen historisch gewachsen sind, wurden sie in deutschen Texten kaum gebraucht, weil von der italienischsprachigen Verwaltung immer nur die endonymischen Formen (d. h. Cles, Malé, Rumo, Revò, Cloz und Brez) vorgegeben wurden. Dies führte dazu, dass die Namen Glëis, Malait, Raun, Rawau, Claz und Britsch mit der Zeit als rein mundartlich empfunden wurden und daher auch in deutschen Texten nicht mehr gebraucht wurden. Genau dasselbe, nur im umgekehrten Sprachverhältnis, trifft auf den Namen Óutem zu: Er wurde im Italienischen nie mehr verschriftlicht, weil er exonymischen Status hatte und weil sein Verkehrswert auf das Gebiet des Nons- und Sulzberges geschrumpft war.

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